Nachbericht With Full Force 2013

1994 als Eintagesveranstaltung in sächsischem Werdau gestartet, hat sich das With Full Force mittlerweile zu einem der größten Festivals für Hardcore/Metal gemausert und zieht jährlich über 30.000 Besucher an. Damit diese auch 2013 zufrieden die Heimreise antreten, haben sich die Veranstalter zum 20. Jubiläum etwas Besonderes überlegt und das Festival um einen vierten Tag, den Donnerstag, erweitert.

Freitag
 
Arbeitsbedingt konnten wir leider erst Freitag früh anreisen, aber den zusätzlichen Festival-Abend hat sich sonst kaum einer entgehen lassen. Geboten wurden zum Aufwärmen Elsterglanz und als Headliner Hatebreed sowie Slayer, welche die Massen schon gut auf die folgenden Tage einstimmten. Leider gab es Donnerstag schon die erste Hiobsbotschaft mit der Absage von Motörhead. Damit hat es das Force schon zum zweiten Mal getroffen, aber angeblich will Lemmy nächstes Jahr einen dritten Versuch starten. Ersatz konnte so kurzfristig keiner organisiert werden und das Freitagprogramm sah dadurch in den Abendstunden leider etwas dünner aus als erwartet.
 
Aber auch unser erster Tag startete später als geplant, da es bei unseren Tickets einige Irrungen und Wirrungen gab. Letztendlich schafften wir es gegen drei Uhr auf das Gelände und verpassten leider die eröffnende Acht-Saiter Fraktion bestehend aus Hacktivist und After the Burial. Schade...
 
Nach einem kleinen Rundgang über das Gelände (gleiches Layout wie letztes Jahr) war die Hardcore Institution Terror die erste Band, welche uns vor der Hauptbühne stoppen ließ. Sie boten motivierten und straighten Hardcore ohne jegliches Überraschungsmoment. Da man das aber auch nicht erwarten konnte, war es ganz ok. Deutlich stilübergreifender präsentierten sich Iwrestledabearonce auf der Tentstage. So unvorhersehbar wie auf Platte gestaltete sich auch die Live-Performance und die Band war ständig in Bewegung, was auch im Publikum niemanden kalt ließ. Allerdings muss man feststellen, dass die neue Frontfrau leider weder stimmlich noch optisch mit ihrer Vorgängerin Krysta Cameron mithalten konnte. Trotzdem gute Show. Direkt darauf folgte mit Your Demise wieder straighter Hardcore der alten Schule, der im Zelt entsprechend gut ankam. Da sich die Spielzeiten wie jedes Jahr wieder stark überschnitten, mussten wir nach kurzer Zeit zur Hauptbühne flitzen, um Down nicht zu verpassen. Durch den Motörhead Ausfall bekamen sie mehr Spielzeit, die sie gut zu nutzen wussten. Live groovt der Stoner-Metal sogar noch deutlich mehr als auf Platte und an die stimmlichen Qualitäten von Herrn Anselmo gibt es eh nichts auszusetzen. Einzig sein Blick wirkte teilweise etwas "entfernt". Die Joint-Geste auf der Bühne kam wohl nicht von ungefähr... 


Den Abend auf der Hauptbühne beendeten der neue Headliner Parkway Drive. Das einsetzende Intro förderte sogleich die erste Überraschung zur Bühne, aber von der Publikumsseite. Ein tapferer Crowdsurfer ließ sich in einer Mülltonne (!) bis zur Bühne durchreichen und fühlte sich wie ein Star dabei. Damit war der Trend der Hardliner für das Wochenende gesetzt. Mit einer großen Portion neuer Songs lieferten die frisch gebackenen Headliner eine ordentliche Show. Der hymnenähnliche Song "Wild Eyes" versetzte die Massen genauso in Trance wie die Kracher "Sleepwalker" und natürlich "Carrion". So gut die Jungs auch auf der Bühne performt haben, so sehr wurde uns wieder einmal bewusst wie wenig sich die Jungs doch weiterentwickelt haben.
 
 
Traditionell wurde es danach wieder richtig böse denn die Knüppelnacht stand an und einen passenderen Opener als Napalm Death kam sich auch kaum vorstellen. Nach dem groben & schnellen Knüppel folgte der schwarze durch God Seed, deren Mitglieder, u.a. Sänger Gaahl, vorher bei Gorgoroth Satan anbeteten.  Leider kann deren neue Band nicht mal ansatzweise mit der Bosheit früherer Shows mithalten. Statt Bühnenelemente die einer schwarzen Messe glichen, gab es, na ja, einfach eine normale Band die gerne böse wäre. Sehr enttäuschend. Der persönliche Ausklang erfolgte auf dem Zeltplatz, wo man den Kopf auf den Samstag einstimmte.
 
Samstag
 
Dies klappte hervorragend, so dass das kühlere und von Nieselregen geprägte Wetter in Verbindung mit leichten Kopfschmerzen seine volle Wirkung entfalten konnte. Aber immerhin besser als Dauerregen ;)
 
Mit dickerer Kleidung ging es Samstag auf zur nächsten Band mit Ex-Pantera Mitgliedern: Hellyeah mit Drummer Vinnie Paul. Unterstützung erfuhr dieser von den Mudvayne-Recken an Gesang und Gitarre. Leider konnte trotz ordentlich Groove und charismatischer Stimme, das Ganze nicht vollends überzeugen, da im Gegensatz zu den Hauptbands einfach richtig gute Hits fehlen. 
Im Zelt folgten knapp versetzt War from a Harlots Mouth mit ihrem recht progressiven Death-Core. Diesen spielten sie ziemlich exakt und Publikum dankte es mit reichlich Beifall. Trotzdem muss man feststellen, dass der Sound am ganzen Wochenende (sowohl im Zelt als auch auf der Hauptbühne) eher mittelmäßig war. Besonders vor der großen Bühne wurde guter Sound oftmals regelrecht vom Wind verweht.
Persönlich recht gespannt warteten wir auf die wiedervereinigten New-Metal Pioniere Coal Chamber mit Frontmann Dez Fafara (auch bekannt von Devil Driver) und zumindest ich wurde von der Live-Qualität überrascht. Gute Show mit schicker Bassistin sowie mehr Hits (bspw. "Loco" zur Eröffnung) als erwartet, machten den Auftritt zu einem kurzweiligen Vergnügen. Kleine Anekdote am Rande: Dem Gitarristen bereitete es sichtlich Freude seinen Sampler/Synthi plus Mikroständer mehrfach pro Song umzuschmeißen, nur damit der arme Roadie ihn dauernd wieder aufbauen durfte. Aber evtl. erfolgte die Bezahlung ja anhand solcher Kriterien ;)
 
Um etwas Kraft durch Nahrung zu tanken, begaben wir uns anschließend zum Zeltplatz, verpassten einige Bands, waren aber zu dem Samstags-Headliner In Flames rechtzeitig zurück.
Mit großem Beifall ließen sich die Schweden begrüßen und legten auch gleich mit ihrem Szeneweit bekannten speziellen Sound los. Mit einer bunten Mischung aus Klassikern und neuen Kuschelhits wurden Jung und Alt gut bedient. Einem Fotografen wollte der gute Anders noch einen Gefallen tun und ein schickes Foto mit seiner Kamera von der Bühne aus machen. Wenig erfolgreich gab er das gute Stück dann mit den Worten "Shitty camera" zurück um von seinen Versagen an der Kamera abzulenken - dann doch lieber wieder zurück zum Mikrofon. Doch eins fehlte uns - womit sie ihren Namen alle Ehre hätten machen können - unsäglich viel Feuer! Vielleicht sollten In Flames mal bei Machine Head Unterricht nehmen. Die haben nämlich 2012 gezeigt, wie das mit den Flammen funktioniert (siehe BildZwinkernd
 
Aufgrund des mangelnden Feuers begaben wir uns dann ins Zelt um uns von den Norwegischen Nachbarn Kvelertak einheizen zu lassen. Aus dem Dunkel hervor stieg dann der Eulenmann, äh... Sänger Erlend. Mit der zweiten Scheibe im Gepäck, durften neben Instant Classics wie Mjød auch die neuen Kunstwerke das Zelt in ihren Würgegriff nehmen. Als eine der wenigen Muttersprachler Bands die über die Grenzen ihres Landes hinaus bekannt geworden sind, haben sie auch auf dem Force bewiesen, dass man die Texte nicht verstehen muss um jede Menge Spaß zu haben. Sehr gelungener Auftritt!
 
 

Sonntag
 
Der letzte Tag begann für uns pünktlich halb zwei mit Mambo Kurt und einen besseren Einstieg kann man sich kaum vorstellen. Die Ankündigung des Orgel-Meisters lange überlegt zu haben, was man spezielles an Show bieten könnte, ließ einiges erwarten. Im Endeffekt durften ein paar Mädels auf die Bühne und dort frisch gezapftes Blondes genießen. Lediglich mittanzen bzw. Posen mit Guitar-Hero-Gitarren war als Entlohnung gefordert. An Songs gab es wieder den üblichen Mischmasch aus Chart-Hits  verschiedener Genre und besonders herausragend war einmal mehr das "Killing In The Name Of". Nach einer halben Stunde endete der Spaß bereits, ließ aber viele grinsende Gesichter zurück. Schnell für zwei Songs auf zu Betraying The Martyrs zur Tentstage bevor auf der Hauptbühne Between the Buried and Me für staunende Gesichter sorgen sollten. Betraying the Martyrs konnten das Zelt ordentlich füllen und mit ihrem trendigen Death-Whatever-Keyboard-Core durchaus überzeugen - definitiv eine Band mit Potential.
Dass Between the Buried dieses besitzen und bereits ausgiebig nutzen, stand bereits vor deren Auftritt außer Frage und sie schafften es in 35 Minuten ganze drei Songs zu spielen. Wie auf CD konnte man anhand der musikalische Leistung sowie Kreativität nur staunen, wirkliches headbangen fällt aufgrund dauernder Rhythmus-Wechsel aber nicht leicht aus (gleiches gilt für Mitwippen im Takt). Trotzdem eine tolle Performance, nächstes mal gerne auch 15 Minuten und damit einen Song länger ;)
 
Nach einem Rundgang über das Gelände und Essen von den mal wieder sehr leckeren (auch vegetarischen) Ständen sollten The Browning mit ihrem "Trance-Core" vor der Hauptbühne für Bewegung sorgen. Aufgrund etwas längerer Verzögerungen am Sonntag fiel der eigentliche Start dann mit dem All That Remains zusammen. Wir entschieden uns für bekannte Kost und verpassten leider The Browning (ärgerlich). ATR überzeugten mit einer unglaublichen Hitdichte und spielten abgesehen vom Rhythmus-Gitarristen sehr motiviert. Dieser schlich hingegen mit Kapuze über die Bühne und am liebsten hätte man ihn sofort Richtung Feierabend geschickt. Evtl. sollte man da über einen Jobwechsel nachdenken. Doch trotz der Spaßbremse auf der Bühne machten ATR Freude. Gleichzeitig wurde mir bei der Best-Of-Setlist bewusst, dass die Refrains auch problemlos auf einer Backstreet Boys CD bestehen würden. Ob das gut oder schlecht ist, soll jeder für sich selbst entscheiden ;)
 
Ein absolutes Highlight enterte in Form der wiedervereinigten Knorkator die Mainstage und die Zuschauer drängten in Massen vor die Bühne, denn geboten wurde wieder einmal eine sehr unterhaltsame Show mit schönen Outfits, sozial-kritischen Texten (oder so ähnlich) und besonderen Einlagen: Unter anderem rannte Sänger Stumpen in einem aufgeblasenen Ball über das Publikum und zu einem besonderen Foto wurden alle Fotografen auf die Bühne gebeten. Zwischen den Liedern glänzte Alf Ator mit spontanen Gedichten und Hits wie "Wir werden alle sterben" fehlten natürlich auch nicht. Tolle Show!
 
 
Caliban waren der Co-Headliner und heizten das Publikum für Korn mit Pyro-Show und der üblichen Setlist an. Ganz ok, aber irgendwie hat man das vor ein paar Jahren schon genauso gesehen...
 
Den krönenden Abschluss des 20. Jubiläums stellten Korn mit ihrem zurückgekehrten Gitarristen Head dar. Wer entsprechend nur alte Songs vor seinem Ausstieg erwartete, wurde leider enttäuscht, denn die Setlist erstreckte sich über alle Alben. Ob es wirklich zwei Stücke von dem Dub-Step Experiment Path of Totality braucht sei mal dahingestellt. Nichtsdestotrotz legte die Band einen klasse Auftritt hin und so fit hat man Jonathan Davis und den Rest schon lang nicht mehr gesehen (falls überhaupt jemals). In diesem Zustand kann man wieder einiges erwarten - wir sind gespannt auf das neue Album! Auch Head hatte sichtlich Spaß. Warum ihn die "schlimmen unchristlichen" Texte auf einmal doch nicht mehr stören, wäre trotzdem interessant. Nach einer Stunde war schon Schluss, bevor die Band für die Zugaben "Got the Life" und "Freak on a Leash" nochmal zurückkehrten und die verbleibende Kraft im Publikum mobilisierte. Ein würdiger Abschluss eines tollen Wochenendes!
 
 
Wirkliche Kritikpunkte blieben aus, daran merkt man einfach die Erfahrung der Organisatoren. Nächstes Jahr sind wir gerne wieder dabei und hoffen auf ein starkes Line-Up und mal schauen, ob sich Lemmy tatsächlich blicken lässt Zwinkernd
 
(cd & sg)