Nachbericht Party.San Open Air 2015

Seit vielen Jahren gehört das Party San im Norden Thüringens zum festen Bestandteil einer jeden Festivalsaison und so ließen wir es uns auch in diesem Jahr nicht nehmen, dem Mekka der extremen Klänge einen Besuch abzustatten.

Das Motto „Hell is Here“ war dieses Mal besonders passend, denn nicht nur auf der Bühne, sondern auch auf dem gesamten Gelände herrschten höllisch heiße Temperaturen, die uns so einiges abverlangten.

Aber immer der Reihe nach…

 

Donnerstag

Nach ca. zwei Stunden Fahrt, kamen wir am Donnerstagnachmittag in Obermehler an, wo bereits etliche unserer Kumpanen eine stattliche Pavillonstadt errichtet hatten. Ohne Dach über ‘m Kopf, wären uns vermutlich nahezu alle Gehirnzellen weggebrutzelt. Nach zügigem Aufbau unseres Zeltes, an dem ich mich eher in der Rolle des Zuschauers beteiligte smile, gönnten wir uns ein erfrischendes Bier + Radler aus der noch kühlenden Kühlbox.

Ein paar unserer Gefährten hatte es bereits bei der Warm-Up-Party am Tag zuvor an der Cuba Bar entschärft. Diese vegetierten nun wie Fische auf dem Trockenen vor sich hin.

Noch frisch und voller Elan schlugen wir bei Morbus Chron das erste Mal vor der Mainstage auf. Hier rührte sich erst einmal…nix! Auf Grund der hohen Temperaturen kapitulierte das Mischpult und es musste für Ersatz gesorgt werden. Nach einer Verzögerung von ca. 30 Minuten ging’s dann aber doch los und die jungen Schweden boten eine gelungene Show. Als nächstes standen eine meiner Favoriten, die aus Cleveland/Ohio stammenden Midnight auf dem Plan, die einen ihrer seltenen Gigs absolvierten. Zwecks vorausgegangener Verzögerung, fiel die Umbaupause denkbar knapp aus und ich verpasste die ersten paar Songs u.a. „Satanic Royalty“… grrrrr!

Die restliche halbe Stunde gab’s in bester „Wir fackeln nicht lange“-Manier ordentlich auf die Zwölf. Mitgröler wie „Rip this Hell“ und „All hail Hell“ kamen beim Publikum erwartungsgemäß bombig an. Die Mischung aus Black/Speed und Heavy Metal macht einfach Böcke und die zwei bisher erschienenen Alben werden im Untergrund nicht ohne Grund hoch eingeschätzt. Mit brennender Gitarre und Kontakt zum Publikum stiegen die vermummten Herren von den Brettern, HELL IS HERE!

Nuclear Assault packten anschließend die Thrash-Keule aus und bewiesen, dass sie auch nach über 30 Jahren Bandgeschichte noch längst nicht zum alten Eisen gehören. Die 1984 in New York City gegründete Combo um den ehemaligen Anthrax Bassisten Dan Liker erwischte einen satten Sound, während im Hintergrund ein Mähdrescher in Flammen aufging. Nein, es handelte sich nicht um einen Special Effect. Jetzt war ’ne kleine Pause von Nöten und wir schlenderten zurück zum Campground, wo wir uns die ein oder andere Hülse im sitzen gönnten. Man wird ja schließlich nicht jünger! Mittlerweile verschwand auch die fiese helle Scheibe hinter’m Horizont und tauchte den Abendhimmel in prächtige Farben. Erst zu den letzten Zügen von The Ruins of Beverast schafften wir es wieder vor die Mainstage und warteten geduldig auf Primordial, die ja quasi schon als Party San-Stammgäste bezeichnet werden können. Was soll man noch sagen…, es blieb alles beim Alten. Die Iren können keinen schlechten Gig hinlegen und so spielten sie auch dieses Mal ihre ganze Routine aus. Eröffnet wurde die Show mit dem Titeltrack ihres aktuellen Albums „Where Greater Men Have Fallen“ und auch nach dem X-ten Mal, bekomme ich bei Songs der Marke „Empire Falls“ noch Gänsehaut. Musik für die Ewigkeit, untrennbar mit der eindringlichen Stimme und dem Ausdruck Alan Averills verbunden. Klasse!

Mit dem Donnerstag-Headliner Behemoth stiegen nun ebenfalls keine Party San-Eintagsfliegen auf die Bretter. Sänger Nergal und Co. entfachten abermals ein höllisches Feuer aus Black und Death Metal, aber das gewisse etwas fehlte mir an diesen Abend. Auch finde ich die letzten Veröffentlichungen der Mannen nicht mehr so überzeugend wie das Material von einst. Das ist alles noch Nörgeln auf hohem Niveau, doch für mich persönlich haben die Polen ihren Zenit überschritten und ich habe mich auch etwas satt gesehen und gehört.

In einer bierseligen Runde beendeten wir den ersten Festivaltag im Partyzelt.

 

Freitag

Nach viel zu kurzer Nacht zwang uns die aufgehende Sonne aus unserem Zelt. In kürzester Zeit waren gefühlte 50°C erreicht! Bis zum späten Nachmittag ging nicht viel, abgesehen von der Anstrengung, nicht jeden Moment abzunibbeln. Irgendwie schleppten wir uns dann doch zu den Lokalmatadoren von Deserted Fear, die sichtlich gut gelaunt und mit einem breiten Grinsen die große Bühne enterten. Wohl keine andere deutsche Death-Metal-Band hat sich in den letzten Jahren so dermaßen den Arsch abgespielt wie die Eisenberger. Macht einfach immer wieder Laune, den Jungs zuzuschauen. Trotz der temperaturtechnisch noch unerträglicheren Luft schlurfte ich als nächstes ins Partyzelt zum Doppelschlag Speedbreaker/Nocturnal Witch. Den Anfang machten Speedbreaker, die hier leider ihren letzten Gig ever absolvierten. So wurden keine Gefangenen gemacht und in die ca. 30 Minuten Spielzeit alles, was sie hatten, gelegt. Bei Nocturnal Witch war das Zelt mittlerweile gut gefüllt und das zurecht. Das aus Gebrüdern + Basser bestehende Trio hatte in den letzten paar Jahren und insbesondere seit der Veröffentlichung ihres ersten Albums „Summoning Hell“ für mächtig Wirbel im Untergrund gesorgt. Obwohl sie nicht ihren besten Gig spielten, packte mich und, wie man sehen und hören konnte, auch das versammelte Publikum die finstere Mischung aus Black und Thrash Metal. Sägende, kalte Riffs, die heisere Stimme von Sänger Tyrant und ne ordentliche Portion Posing, mehr braucht es nicht. Einprägsame Kracher wie „Hellfire Cult“, „Possessed“…Possessed by demons…und dem obligatorischen „H.M.S.S.“ (Heavy Metal Satans Soldiers), ließen die Fäuste in den Himmel schnellen.

Ein Party San ohne Martin van Drunen wird es wohl niemals geben, ist er doch einer der größten Verfechter des Open Air’s. Heute stand der Hüne mal wieder mit seiner Hauptband Asphyx auf den Brettern. „The Forgotten War“, „The Rack“ und „Death…The Brutal Way“ + die kultigen Ansagen Van Drunens zünden immer und rundeten einen wieder mal ziemlich geilen Gig zufriedenstellend ab.

Auf Bloodbath durfte man besonders gespannt sein, haben sie doch seit kurzem niemand geringeren als den Paradise-Lost-Sänger Nick Holmes himself in ihren Reihen. Auch wenn es Anfangs etwas gewöhnungsbedürftig wirkte, machte er doch einen guten Job und der Überhit „Eaten“ funktioniert eh immer, ob nun Nick Holmes, Mikael Akerfeld oder Peter Tägtgren am Mikro stehen. Den Freitagsheadliner markierte das Florida Abrisskommando Cannibal Corpse um Bollwerk George „Corpsegrinder“ Fisher. Mit viel Routine und Perfektion ging es ans Gemetzel und die Kannibalen bewiesen abermals, dass sie live nahezu unschlagbar sind. Da sitzt einfach alles!

 

Samstag

Der finale Samstag begann mit lang ersehnten dunklen Wolken und einem Tropfen auf den heißen Stein. Beim Gig der Griechen von Zemial schmorten wir aber schon wieder in der Sonne, als wäre nichts gewesen. Mit Sprühflasche bewaffnet trotzten wir der Nachmittagshitze. Irgendwo zwischen Black/Thrash/Heavy und Avantgarde Metal angesiedelt, balancierte Sänger Archon Vorskaath und seine Session-Mitstreiter zwischen den Stilrichtungen hin und her, was einen recht ungewöhnlichen Mix ergab. Das alles funktioniert auf einer kleinen Underground-Bühne und zu wesentlich späterer Stunde bedeutend besser, aber sei es drum.

Den restlichen Tag verbrachten wir mit Pendeln zwischen Zeltplatz, Hellburger- und Pommesstand. Toxic Holocaust sowie auch Ghost Brigade rauschten mehr oder weniger ohne meine geistigen Anwesenheit an mir vorbei. Immerhin reichte es noch für ein paar brauchbare Bilder. Was Mayhem dann am Abend vom Stapel ließen war milde ausgedrückt äußerst dürftig. Das habe ich vor einigen Jahren auf dem Hell’s Pleasure schon mal deutlich besser gesehen und gehört. Viel ging jedenfalls nicht zusammen. Vom schwachen Sound angefangen, bis zu den ohne Durchschlagskraft herunter geschrammelten Songs. Einzig der ewig pöbelnde und sichtlich angepisste Basser Necrobutcher brachte etwas Schwung in die Show. Ewige Klassiker wie „My Death“ und „Freezing Moon“ verkamen zu beliebig austauschbaren 08/15-Songs und nach ca. 30 Minuten war abrupt Schicht im Schacht. Alles andere als eine Glanzleistung der Norweger. My Dying Bride sorgten im Anschluss nicht gerade für einen Stimmungsaufheller, was in der Natur der Sache liegt. Ihr schwerfälliger Mix aus Doom/Death und Gothic Metal konnte mich nicht mehr hinter’m Ofen vorlocken und so vertrieb ich mir die Zeit in geselliger Runde bei Bier und Pommes.

Was hatte ich mich doch auf Samael gefreut, die heute unter altem Logo (laut Plakat und Flyer) ihr Kult-Album „Ceremony of Opposites“ zum besten geben sollten. Es bleibt zu sagen: ich wurde bitter enttäuscht. Wie kann man dieses geniale Album voller Dunkelheit und Magie nur so verwursten?! Steril, künstlich, viel zu glatt und mit keinerlei Spirit versehen, ging es ans Ungemach.

Sollen sie doch von mir aus ihren eingeschlagenen Weg fortsetzen, aber ohne mich und bitte ohne sich an ihrem Referenzwerk zu vergehen. Eines Party San-Headliners war das jedenfalls nicht würdig. So ging das diesjährige Festival mit einem faden Beigeschmack zu Ende und wir retteten die Stimmung mit einer amtlichen Aftershowparty an der Autokonserve.

Vom Party.San 2015 berichtete
Michael Ziermann